4. Vorlage
Änderung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) (Einheitliche Finanzierung der Leistungen).
Ausgangslage
Finanzierungssysteme in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung
Die Leistungen der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) werden heute je nach Bereich (ambulant, stationär, Pflege) unterschiedlich finanziert, was zu diversen Fehlanreizen führt.
Die Kantone finanzieren mindestens 55 Prozent der Kosten der stationären Leistungen (mit Übernachtung im Spital), höchstens 45 Prozent werden mit Prämien finanziert. Ambulante Leistungen (ohne Übernachtung) werden vollständig durch Prämien finanziert. Für Pflegeleistungen leisten die OKP und die Pflegebedürftigen je einen Beitrag, die Kantone sind für die Restfinanzierung zuständig.
Die heute je nach Bereich unterschiedliche Finanzierung der Leistungen führt zu Fehlanreizen. Die Versicherer haben weniger Anreize, die kostensparende Verlagerung von stationär zu ambulant zu fördern. Soweit die Verlagerung trotzdem erfolgt, steigt dadurch der Anteil der Prämienfinanzierung. Der Anteil der Steuerfinanzierung hat sich aus diesem Grund in den letzten Jahren laufend reduziert, die Prämien sind deswegen stärker angestiegen als die Gesamtkosten der Kranken-Versicherung-Gesetzes-Leistungen.
Zudem kann die koordinierte Versorgung über die ganze Behandlungskette wegen der Brüche in der Finanzierung zwischen verschiedenen Sektoren nicht ihr ganzes Potenzial entfalten.
Wesentliche Änderungen - Auszüge aus dem Bundesbüchlein
Ab 2028 sollen ambulante und stationäre Leistungen einheitlich finanziert werden, ab 2032 auch die Pflegeleistungen. Die Versicherung erstattet die Kosten der versicherten Leistungen, entweder den Leistungserbringern oder den versicherten Personen. Die Kantone leisten einen Beitrag von 26,9 Prozent der Nettokosten an die Versicherer. 73,1 Prozent der Nettokosten werden mit Prämien finanziert. Weil die Kantone neu auch ambulante Leistungen mitfinanzieren, erhalten sie diverse neue Steuerungsmöglichkeiten.
Die Kantonsbeiträge werden gestützt auf die erbrachten Leistungen berechnet, bei den Kantonen erhoben und auf die einzelnen Versicherer verteilt. Dies ist Aufgabe eines spezialisierten Ausschusses der gemeinsamen Einrichtung KVG der Versicherer. Darin sind die Kantone ebenfalls vertreten, damit sie die Verteilung ihrer Steuermittel überprüfen können.
Einbezug der Pflegeleistungen
Ab 2032 werden die Pflegeleistungen ebenfalls einheitlich finanziert. Die Pflegebedürftigen leisten weiterhin einen Beitrag an die Kosten der Pflegeleistungen. Dessen Höhe wird wie heute vom Bundesrat festgelegt. Der Bundesrat muss den Beitrag bei der Umstellung der Finanzierung so festlegen, dass er nicht höher ist als zuvor, und darf ihn während mindestens vier Jahren nicht erhöhen.
Pflegeleistungen werden neu über Tarife vergütet, die sich an den Kosten der effizienten Leistungserbringung orientieren. Damit dafür eine vergleichbare Datengrundlage besteht, ist neu auch für ambulant erbrachte Pflegeleistungen eine schweizweit einheitliche Kostenrechnung vorgesehen.
Tariforganisationen
In der Tariforganisation für stationäre Leistungen sind die Kantone bereits heute vertreten. Neu sind die Kantone auch in der Tariforganisation für ärztlich-ambulante Leistungen vertreten. In der Tariforganisation für Pflegeleistungen, die mit dieser KVG-Änderung neu geschaffen wird, sind die Leistungserbringer (inkl. selbständig tätige Pflegefachpersonen), Versicherer und Kantone vertreten. Bisher legten die Kantone ihre Restfinanzierung der Pflegeleistungen in eigener Kompetenz fest.
Zulassung von Leistungserbringern im ambulanten Bereich
Die Kantone können bereits heute die Zulassung von ambulant tätigen Ärztinnen und Ärzten steuern. Neu können sie auch für alle übrigen ambulanten Leistungserbringer vorsehen, dass in einer bestimmten Kategorie von Leistungserbringern keine neuen Zulassungen möglich sind, wenn die Kostenzunahme oder das Kostenniveau in einem Kanton in dieser Kategorie überdurchschnittlich ist.
Bei den Vertragsspitälern, bleibt dieser Anteil hingegen bei den heutigen 45 Prozent. Der Rest muss von den versicherten Personen oder ihrer Zusatzversicherung bezahlt werden. Die Kantone leisten wie heute keinen Beitrag. Damit werden Mehrkosten für die Prämienzahlenden und eine Schwächung der kantonalen Spitalplanung vermieden.
Die Prüfung der Wirksamkeit, Zweckmässigkeit und Wirtschaftlichkeit im Einzelfall bleibt hingegen wie heute eine Aufgabe der Versicherer.
Sparpotenzial
Vor allem durch die Stärkung der koordinierten Versorgung über die ganze Behandlungskette besteht ein Sparpotenzial zugunsten aller Finanzierungsträger, weil unnötige Behandlungen entfallen und insbesondere Spitalaufenthalte vermieden oder Pflegeheimeintritte verzögert werden können. Während die Kosten der Koordination vor allem im prämienfinanzierten ambulanten Bereich anfallen, ergeben sich Einsparungen gerade auch in den stark steuerfinanzierten Bereichen (Spitalaufenthalte, Pflegeleistungen). Das Sparpotenzial wird von einer Studie im Auftrag des BAG "Sparpotenzial einer einheitlichen Finanzierung" auf bis zu 440 Millionen Franken pro Jahr geschätzt.
Argumente des Referendums-Kommitees
Gegen die Revision des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) EFAS (Einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen) hat der VPOD das Referendum ergriffen, denn:
EFAS führt zu zusätzlichen Prämienerhöhungen
Mit EFAS soll die Langzeitpflege hauptsächlich durch die Krankenkassen finanziert werden. Heute liegt diese Verantwortung bei der öffentlichen Hand. Damit drohen zusätzliche Prämienerhöhungen! In 17 Kantonen, darunter Zürich, Bern, Basel und Luzern, steigen die Prämien mit der Einführung von EFAS auf einen Schlag um insgesamt 250 Millionen Franken!
EFAS verschlechtert die Arbeitsbedingungen
Das Personal im Gesundheitsbereich ist schon seit Jahren am Anschlag. Mit EFAS drohen noch schlechtere Arbeitsbedingungen und es müssen mehr Patient:innen in noch kürzerer Zeit behandelt werden. Ein Teufelskreis, denn bereits heute verlassen zahlreiche Pfleger:innen aus diesen Gründen den Beruf.
EFAS schadet der Pflegequalität
Mit EFAS verwalten die Krankenkassen zusätzlich 13 Milliarden Franken Steuergelder, die vorher von den Kantonen eingesetzt wurden. Damit entgleitet uns die demokratische Kontrolle. Unter dem Profitdruck droht sich die Pflegequalität zu verschlechtern, insbesondere in Pflegeheimen und in der häuslichen Pflege.
EFAS droht die Kosten für Pflegeheimbewohner:innen zu erhöhen
Heute ist der Betrag, den ältere Menschen für die Pflege bezahlen, gedeckelt. Mit EFAS werden diese Begrenzungen gestrichen. Die finanzielle Belastung von Pflegeheimbewohner:innen droht damit massiv zuzunehmen. Davon sind wir alle früher oder später betroffen!
Abstimmungsempfehlung: Nein
Meine Begründung dazu:
Die Gesetzesrevision enthält etliche Anpassungen, welche begrüßenswert sind. Doch es gibt auch gute Gründe, weshalb das Referendum ergriffen wurde. In dieser verzwickten Lage kann ich mich fragen, woher ich die Information für ein Ja oder ein Nein nehme ?
Ich bin mir bewusst, dass ich „fremd-informiert“ bin. Doch das gilt auch für unsere ParlamentarierInnen. So ist zu verstehen, dass die Informationen, die zu gewissen Beschlüssen führen, weit mehr von den Medienbesitzern eingeimpft werden, als dass sie aus Beobachtungen und Gesprächen mit allen Bevölkerungsschichten gewonnen werden.
Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass viele der derzeitigen Beschlüssen, welche von unseren Parlamenten erarbeitet werden, stark neoliberal ausgerichtet sind. Das hat zur Folge, dass die Neoliberalen bewusst oder unbewusst den Individualismus der Menschen fördern, statt das Gemeinschaftsleben.
Weil die rechtslastige Mehrheit in unseren Parlamenten mit wenig Rücksicht auf die Minderheiten ihre Interessen durchdrückt, tendiere ich dazu, bei jenen Entscheidungen, wo die Argumente in beiden Waagschalen etwa gleich viel wiegen, meine Stimme zu Gunsten jener Seite zu geben, welche das Gemeinschaftliche fördern will.
Eine Karte die gesund hält ?
Oder doch eher eine Gesunheitskarte, die krank macht,
weil sie uns dauernd ängstigt,
indem sie an mögliche Krankheiten erinnert !
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